Prokrastination: Nicht faul, sondern überfordert

Warum Aufschieben oft weniger mit Willensschwäche als mit innerem Stress zu tun hat

PROKRASTINATIONSTRESS

Tade Thormann

4/7/2025

Wir alle kennen diese Tage: Die To-do-Liste ist voll, die Uhr tickt – und trotzdem erledigen wir alles Mögliche, nur nicht das, was eigentlich ansteht. Schnell entsteht das Gefühl, versagt zu haben. „Warum bekomme ich das nicht hin? Bin ich einfach zu faul?“ Doch die Antwort ist oft eine ganz andere.

Prokrastination ist keine Charakterschwäche

Viele Menschen verbinden Prokrastination mit Faulheit oder mangelnder Disziplin. Dabei zeigen psychologische Studien immer wieder: Aufschieben hat viel häufiger mit innerem Stress, Selbstzweifeln oder Überforderung zu tun. Wenn eine Aufgabe uns emotional überlastet – weil sie zu groß, zu unübersichtlich oder zu wichtig erscheint – reagiert unser System mit Vermeidung.

Dieses Verhalten hat sogar evolutionäre Wurzeln. In bedrohlichen Situationen entscheidet unser Körper oft zwischen Angriff, Flucht oder Erstarrung. Und genau diese Erstarrung – also die Blockade – erleben viele Menschen im Alltag, wenn sie prokrastinieren.

Was steckt hinter dem Aufschieben?

Typische Auslöser für Prokrastination sind:

  • Perfektionismus: Der Gedanke, etwas müsse perfekt werden, bevor man überhaupt anfangen kann.

  • Angst vor Bewertung oder Versagen: Lieber gar nicht erst starten, als das Gefühl zu erleben, zu scheitern.

  • Unklarheit: Wenn nicht klar ist, wo man anfangen soll, wirkt alles gleich wichtig – oder gleich überwältigend.

  • Energie- oder Motivationsmangel: Oft verbunden mit innerem Druck, der uns noch mehr lähmt.

In all diesen Fällen liegt die Ursache nicht in einem „faulen Charakter“, sondern in psychischen Mustern und Schutzmechanismen.

Was hilft?

Ein erster Schritt ist, sich mit Mitgefühl zu begegnen und die eigenen Verhaltensmuster zu erkennen. Statt sich selbst zu verurteilen, kann man sich fragen:

  • Was macht diese Aufgabe gerade so schwer für mich?

  • Was bräuchte ich, um einen kleinen Anfang zu machen?

  • Wann habe ich ähnliche Situationen schon einmal bewältigt?

Manchmal helfen schon einfache Methoden: Aufgaben in kleinere Schritte aufteilen, realistische Zeitfenster einplanen oder mit jemandem über die eigene Blockade sprechen. Auch das Anerkennen eigener Ressourcen kann neue Energie freisetzen.

Fazit

Prokrastination ist selten Ausdruck von Faulheit – sondern vielmehr ein Hinweis darauf, dass etwas gerade zu viel ist. Wer lernt, sich selbst besser zu verstehen und achtsam mit der eigenen Überforderung umzugehen, kann Schritt für Schritt aus der Blockade herausfinden. Und genau das ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke.

Blog Prokrastination
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